Für 80 Teilnehmende standen Vorträge und persönlicher Austausch im Mittelpunkt

HSP ist eine der Seltenen Erkrankungen, in Deutschland sind nach Schätzung rund 5.000 Menschen betroffen. Um so wichtiger ist es, die Forschung zu unterstützen und mit unterschiedlichen Studien den Verlauf (z. B. auch innerhalb einer Familie) oder Therapieansätze zu verfolgen und auch die psychische Bewältigung einer Erkrankung zu beleuchten. Die HSPSelbsthilfegruppe unterstützt die Forschung durch Spendengelder für Studien und die Teilnahme von Mitgliedern an Studien. 

Beim 16. Bundestreffen der Selbsthilfegruppe kamen am 14. September rund 80 Betroffene und Angehörige im barrierefreien Hotel Vivendi in Paderborn zusammen. Ein Tag voller Vorträge stand ebenso auf der Tagesordnung, wie der persönliche Austausch untereinander, zum Beispiel in kleinen Workshop-Gruppen (Hilfestellung bei Anträgen, Sport und

Freizeitaktivitäten sowie die psychische Bewältigung der Erkrankung) und in geselliger Runde.

So berichtete Prof. Dr. Rebecca Schüle von der Uniklinik Heidelberg umfassend zu drei

Studien. Interessant ist die Pilotstudie verlaufen, in der Probanden auf einem speziellen Laufband (gesichert durch Gurte) gingen und dabei Störungen vom Laufband simuliert wurden, die ein Stolpern beim Gehen (geradeaus/seitlich) verursachten. Das Ziel: Kann durch das

Training das Gleichgewicht gestärkt werden? Mit der Studie sollte das dynamische

Gleichgewicht beim Stolpern trainiert werden, sodass Teilnehmende den Ausgleich beim Gehen schaffen und nicht stürzen. 

Diese Perturbationstraining-Pilotstudie belegte, dass die Trainingsgruppe den

Körperschwerpunkt besser über den Füßen halten konnte als vor dem Training. Im Ergebnis gab es den Eindruck, dass das Training zur Verbesserung beiträgt. Vielversprechende Ergebnisse, – jedoch wie oft, oder wie lange muss trainiert werden und wie lange halten die Effekte an? Gibt es im Alltag danach weniger Stürze und ist das Training auf dem speziellen Laufband besser als normale Physiotherapie? Diese und mehr Fragen, können die Forscher nur in einer großen Studie erkunden, die nun vorbereitet werden soll.

Erweiterte Gendiagnostik (Studie)

Inzwischen sind weit über 100 Gene bekannt, die für die HSP verantwortlich sind, viele der Gendefekte führen zu einem ähnlichen Erscheinungsbild. Die diagnostischen Fähigkeiten, haben sich in den letzten 20 Jahren verändert. Zu Beginn wurde das SPG4 Gen identifiziert (heute noch der häufigste Gendefekt der HSP). Um 2010 gab es die ersten HSP-Panel-Tests, die verschiedene HSP-Gene untersuchten, etwa im Jahr 2015 gab es erstmals einen Panel-Test, der alle Gene (jeder Mensch hat ca. 25.000 Gene) auswertete. Das Problem sei aber, dass die Genome zwischen Menschen unterschiedlich sind. Bei drei Millionen Abweichungen macht nur eine Variante HSP aus. Bis heute konnten bei etwa 25 Prozent der HSP-Betroffenen keine eindeutigen Diagnosen gestellt worden. Bei vielen wurden aber Variantenunklarer Signifikanz gefunden. Dabei ist den Forschenden nicht klar, hat das mit HSP zu tun oder nicht? Die erweiterte Gendiagnostik steht daher im Mittelpunkt.

Das HSP-Register (Studie)

Im Ärzte- und Forschenden-Netzwerk TreatHSP haben sich Forschung, Labore und HSPAmbulanzen zusammengetan, um einheitliche Untersuchungen rund um die HSP und ihren Verlauf zu dokumentieren. Über 5000 Studienvisiten gab es bisher in den HSP- Sprechstunden. Forscher weltweit können auf Antrag auf die Ergebnisse (anonymisiert) der Betroffenen zugreifen. Es gibt Betroffene, die seit 20 Jahren ganz treue Besucher der HSP-Sprechstunden sind und so langfristige Daten zur HSP liefern. Wie kann z.B. das Fortschreiten der HSP gemessen werden, wie verläuft die Erkrankung unter Einnahme eines neuen Medikaments oder einer anderen Therapie? Die Finanzierung des HSP-Registers wird immer schwieriger, denn die Bundesregierung stellt ihre Förderung im Jahr 2026 bedauerlicherweise ein. 

Jetzt sei zu überlegen, wie diese unglaublichen Ressourcen weitergeführt werden können. Das Treat-HSP-Netzwerk möchte das Register gerne erweitern (bisher ist „nur“ die Sicht des Arztes dokumentiert). Gewünscht ist ein Patientenregister, das die Sicht der Betroffenen wiedergibt, also einen ganz anderen Blickwinkel auf die HSP ermöglicht.

Neue Studie: Wie können Therapieeffekte gemessen werden?

HSP-Betroffene kennen es, die Tagesform macht einen Unterschied. Oft ist es nicht erklärbar, warum der Gang ganz gut ist, und am kommenden Tag ist das Gehen nur sehr schwer möglich. Der Klinikbesuch ist kein normaler Tag (lange Anreise, Aufregung…). Damit sind die HSPAusprägungen an dem Tag auch möglicherweise anders. Hinzu kommt, dass die Klinikumgebung

(Test auf dem Flur) nicht vergleichbar mit dem Alltag (Legosteine der Kinder, Treppen, Waldboden…) ist. Idealerweise wäre eine Beobachtung also über einen längeren Zeitpunkt wünschenswert. Wie agiert der HSP-Betroffene in normalen Alltagssituationen? Um dies zu messen, die Mobilitätseinschränkungen sichtbar zu machen, kommt ein Sensor zum Einsatz. Am Fußgelenk befestigt, zeichnet er jeden Schritt/jede Bewegung auf, den ganzen Tag. Für diese neue Studie bittet Professor Dr. Schüle um Unterstützung durch die HSP-Selbsthilfegruppe.

Wie lebt es sich mit HSP und welche physischen Belastungen gibt es durch eine Erkrankung?  

Im Vortrag von Psychotherapeut Holger Pahl stand die Krankheitsbewältigung (Coping) im

Mittelpunkt. Welche Lösungen gibt es, um eine Problemlage anzugehen. So sei z. B. Humor eine Möglichkeit, mit Krankheit und ihren Folgen umzugehen. Wichtig ist es, die Erkrankung ganzheitlich zu sehen. Die Mitgliedschaft in einer Selbsthilfegruppe und der persönliche Austausch unter Betroffenen sei sehr gut. Das miteinander Teilen, sich weiterbilden, welche Perspektiven es gibt und auch, sich Mut zu machen, seien dabei wichtige Aspekte. „Sie machen schon eine Menge richtig mit der Selbsthilfegruppe, und gehen jetzt schon einen wichtigen Schritt bei der Krankheitsbewältigung“, so Holger Pahl zu den Teilnehmenden. Psychotherapie hat ein sehr individuelles Ziel: Die Akzeptanz einer Erkrankung sei die einzige Chance: Anpassung statt Vermeiden. 

 

Tom Wahlig Stiftung: Symposien für die weltweite Forschung

Susanne und Dr. Henry Wahlig sind mit ihrer Tom Wahlig Stiftung (TWS) ein wichtiger Partner der HSP-Selbsthilfegruppe. Seit 27 Jahren baut die Stiftung ihr weltweites Netzwerk mit Forschenden aus. So gibt es jährlich ein Symposium, im Jahr 2026 werden dafür 100 Teilnehmer in Recklinghausen erwartet. Das Programm wird mit der Uniklinik und dem Treat-HSP-Netzwerk auf die Beine gestellt. Das Thema diesmal: Ataxien bei HSP. Zu Gast werden Forschende aus der ganzen Welt sein. Das gemeinsame Ziel ist, die HSP zu verstehen, zu therapieren, und zu heilen.

Außerdem soll gemeinsam mit der Schmieder Klinik am Bodensee ein kleines

Forschungsprojekt mit dem Mollii Suit, dem Ganzkörper-Anzug von Otto Bock, starten. Eine Studien-Idee, die mit finanzieller Unterstützung und Probanden von der HSP-Selbsthilfegruppe realisiert werden kann. Dr. Joachim Liepert (Schmieder-Klinik Allensbach) stellte das Projekt vor:

Der Anzug mit 58 Sensoren soll als „Gegenspieler“ bis zu 40 Muskeln stimulieren und so das Gangbild und das Gleichgewicht bei HSP-Betroffenen verbessern. Start: Frühjahr 2026

Reha bei HSP – welche Dinge sind zu beachten?

Dr. Yvonne Bauer, Neurologin und neue Chefärztin der Klinik Hoher Meißner in Bad SoodenAllendorf stellte in Ihren Vortrag heraus, wie ein Reha-Antrag zu stellen ist und welche Kliniken sich mit einer Reha bei HSP auskennen. Zudem erläuterte sie, welche

Behandlungsmöglichkeiten HSP-Erkrankte während ihrer Reha erwarten könnten.

Beim Bundestreffen kam selbstverständlich auch der persönliche Erfahrungsaustausch rund um Hilfsmittel oder Individueller Medikation nicht zu kurz. Viele Tagesgäste und zahlreiche Mitglieder aus den Regionalgruppen saßen im Tagungsraum und abends zusammen. Der rege und freundschaftliche Austausch kam also nicht zu kurz. 

Am Sonntag, den 14. September 2025 fand unsere Mitgliederversammlung statt. In diesem Jahr erfolgten die Wahlen zum stellvertretenden Vorsitzenden sowie zum Schatzmeister des Vereins.

Gewählt wurden 

o Uwe Daniek zum stellvertretenden Vorsitzenden, und o Markus Gorny zum Schatzmeister.

Ein aufrichtiges Dankeschön den tatkräftigen Organisatoren dieses Jahrestreffens, allen Aktiven im Verein, sowie ganz besonders unserer bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden, Frauke Krienke, für ihr großes Engagement in den zurückliegenden zwei Jahren.

Bericht: Alexandra Antonatus und Monica Eisenbraun