Behandlung von HSP

Therapieansätze

Es gibt verschiedene Ansätze, wie man Menschen mit HSP therapeutisch unterstützen kann. Inwieweit sich diese Behandlungsansätze tatsächlich als hilfreich erweisen, muss individuell getestet werden, da sich die HSP bei jedem Betroffenen anders auswirkt.

Für Menschen mit chronischen Erkrankungen werden die jeweiligen Anwendungen von den Krankenkassen als „ausserhalb des Regelfalls“ (d.h. außerhalb des Arzt-Budgets) verschrieben. Dazu zählen im Falle der HSP:

Physiotherapie

  • Physiotherapie (Krankengymnastik) 
  • ZNS auf neurophysiologischer Basis
    · nach Bobath
    · nach Vojta
  • Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation (PNF)
  • manuelle Therapie

Krankengymnastik spielt eine sehr wichtige Rolle in der Therapie der HSP. Ziel der physiotherapeutischen Behandlungen ist, verschiedenen alltagsrelevanten Einschränkungen des Patienten mit individualisierten Maßnahmen entgegenzuwirken. Dazu zählen Bewegungsstörungen infolge erhöhter Muskelspannung (Spastik) sowie Gangunsicherheiten durch Defizite in der Gleichgewichtsfunktion, Koordination und Sensibilität, aber auch haltungs- bzw. muskulär bedingte Schmerzen.

Maßnahmen zur Verbesserung der Beweglichkeit sind Dehnung der versteiften Muskeln, Bewegungsübungen, Gangschule, Massagen, Wärmeanwendungen, Elektrotherapie und gerätegestützte Therapie, wobei für jeden Patienten ein zu dessen Problemen passender, individueller Behandlungsplan erarbeitet werden muss.

Zur Besserung der durch Muskeltonus bedingten Bewegungseinschränkungen bietet sich eine Mischung aus mobilisierenden Übungen, Dehnungen, Wärmeanwendungen, Massagen und gegebenenfalls Kinesiotape an.

Als eines der ersten Probleme wird von Patienten häufig ein vermehrtes Stolpern oder ein schlurfender Gang durch mangelnde Fußhebung genannt. Dies kann der 

Auch die sich im Laufe der Erkrankung verkleinernde Schrittlänge und Oberkörpervorlage durch mangelnde Streckfähigkeit im Hüftgelenk lassen sich durch regelmäßige Dehnung der Hüftgelenksbeuger und -adduktoren verbessern.

Notiz am Rande

Es gibt eine DVD zur Physiotherapie bei HSP, die über die Tom-Wahlig-Stiftung (TWS) in Münster zu beziehen ist

https://www.hsp-info.de

Der Bereich der Gleichgewichts- und Gangschulung nimmt eine weitere wichtige Stellung im Maßnahmenkatalog zur Behandlung der HSP ein. Hierbei steht die Gesamtfunktion von Stand- und Gangsicherheit im Vordergrund. Zudem werden Fähigkeiten zur Bewältigung alltäglicher Anforderungen trainiert. Dies können unter anderem Situationen auf unebenen Böden, das Tragen von Gegenständen und der allgemeine Umgang mit Ablenkungen während des Gehens und Stehens sein, die eine sogenannte Doppelfunktion erfordern.

Verschiedene Elektrotherapien zur Regulierung des Muskeltonus, Funktionsstimulation und Schmerzlinderung runden das Therapieangebot ab.

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Autor: Julian Thorey
Physiotherapeut
Klinik Hoher Meißner
(Bad Sooden-Allendorf)

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Ergotherapie

In der Ergotherapie erlernen Patienten mit körperlichen Beeinträchtigungen Techniken, die sie bei der Ausführung ihrer täglichen Betätigungen unterstützen. Ziel der Maßnahme ist, den Betroffenen zu mehr Aktivität, Teilhabe und Selbstwert im gesellschaftlichen und privaten Leben zu verhelfen.

Insbesondere alltägliche Tätigkeiten wie z. B. das An- und Ausziehen, Zähneputzen oder Essen sollen selbstständig erfolgen. Dazu entwickelt der Ergotherapeut mit den Betroffenen und deren Betreuungspersonen individuell angepasste Techniken und wiederholt motorische Übungen. Auch unterstützt er bei der Auswahl und im Umgang mit eventuell erforderlichen Hilfsmitteln.

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Des Weiteren behandelt der Therapeut Spastiken in den oberen Extremitäten und trainiert zusätzlich die Rumpfmuskulatur für eine bessere Stabilität und Körperhaltung.

REHA

Zitat: Allgemeine Regelungen für das Recht der Rehabilitation und der Teilhabe behinderter Menschen enthält das Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Als Reha-Träger können gemäß § 6 SGB IX

  • die gesetzlichen Krankenkassen,
  • die Bundesagentur für Arbeit,
  • die gesetzliche Unfallversicherung,
  • die gesetzliche Rentenversicherung,
  • die Träger der Kriegsopferversorgung und der Kriegsopferfürsorge,
  • die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie
  • die Sozialhilfeträger sein.


Mögliche Leistungen sind gemäß
§ 5 SGB IX Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen sowie Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.

Welcher Träger für welche Leistung im Einzelfall zuständig ist, hängt von dem Grund und dem Ziel der jeweiligen Reha-Maßnahme ab. Ergänzende Bestimmungen finden sich dazu in den weiteren Büchern des Sozialgesetzbuches. Reicht beispielsweise eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, erbringt die Krankenkasse nach § 40 SGB V Leistungen zur ambulanten oder stationären Rehabilitation.

Viele Informationen zur Rehabilitation findet ihr auf den Seiten der Deutsche Rentenversicherung

Auf Basis der Erfahrungen unserer Mitglieder stellen wir hier ein paar REHA-Einrichtungen speziell für HSP-Erkrankte vor:
 

Die Rehaklinik „Hoher Meissner“ in Bad Soden Allendorf bietet spezielle Reha-Maßnahmen zur HSP an. Viele HSPler, die diese Klinik besucht haben berichten positiv über die erzielten Ergebnisse. Ansprechpartner ist Herr Dr. Schröter.

Klinik Hoher Meißner, Bad Soden-Allensdorf

Die Neurologische Rehabilitaionsklinik Beelitz Heilstätten und das benachbarte Neurologische Fachkrankenhaus sind Kliniken für Bewegungsstörungen

Neurologische Rehabilitationsklinik, Beelitz

Die Kliniken Schmieder verfügen über 6 Standorte in Baden-Württemberg mit 3 akutneurologische Einheiten in der Versorgung (u.a. in Kooperation mit der Universitätsklinik Heidelberg und dem Klinikum Stuttgart-Katharinenhospital). Rund 14.000 neurologisch erkrankte Patienten werden hier jährlich behandelt (alle Schweregrade und alle neurologischen Phasen)

REHA-Fragebogen

Selbstverständlich leben wir von Euren Erfahrungen und hoffen auf Eure Unterstützung. Petra Timm und Thomas Velten freuen sich auf Eure Rückmeldungen auf Basis unseres REHA-Fragebogens.

Logopaedie bei Dysarthrie/ Dysarthrophonie

Logopädische Maßnahmen sowie der Umgang mit Kommunikationshilfen setzen ein gewisses Maß an kognitiven Fähigkeiten und Kooperationsbereitschaft seitens der Betroffenen voraus. Die Therapie neurogener Sprech- und Stimmstörungen stützt sich auf 4 Säulen:

Übungs­behandlung

Anpassung von Kommunika­tionshilfen

medika­mentöse Maßnahmen

chirurgische Eingriffe

Im Vordergrund der Therapiemaßnahmen bei Dysarthrien stehen logopädische Übungsbehandlungen. Im Wesentlichen lassen sich hierbei zwei Zielsetzungen formulieren:

Verbesserung von Sprech- und Stimmstörungen bzw. Unterstützung der Rückbildung sprechmotorischer Defizite durch intensives motorisches Üben

Vermittlung von Kompensationsstrategien zur Verbesserung der Verständlichkeit oder der Sprechökonomie. Dazu gehören beispielsweise die Verringerung des Sprechtempos oder die bewusste re Kontrolle der Artikulation bei Patienten mit chronischen oder progredienten
Defiziten.

Darüber hinaus behandelt der Logopäde Schluckstörungen und trainiert die Beweglichkeit der Gesichtsmuskulatur.

Entspannung und Massage

Zur Besserung der durch Muskeltonus bedingten Bewegungseinschränkungen bieten sich auch verschiedene Entspannungstechniken an.

Massagen

Sauna

Yoga

Tai Chi

Medikamente

Muskelentspanner

Verschiedene Medikamente (Muskelrelaxantien, Myotonolytika) können den Spannungszustand der versteiften Muskulatur reduzieren. Diese Mittel haben jedoch oft eine Ermüdung des gesamten, also auch des gesunden Muskelsystems zur Folge. Letztlich kann nur jeder Betroffene selbst entscheiden, inwieweit Muskelrelaxantien für ihn sinnvoll sind, um dann gemeinsam mit dem Arzt das für ihn passende Mittel in der optimalen Dosierung zu finden.

Botox-Therapie

Eine weitere Therapieoption ist die Injektion von Botox (Botulinumtoxin) in spastische Muskeln. Das Bakteriengift wird in sehr geringer Dosis verabreicht und bewirkt eine Lähmung und damit Lockerung der versteiften Muskulatur. Dadurch erleichtert sich der Bewegungsablauf. Zur Behandlung von HSP ist Botox ein vielversprechendes Mittel, offiziell jedoch noch nicht zugelassen. Es handelt sich also um ein sogenanntes „Off-label-Produkt“, weshalb die Krankenkassen nicht immer die Kosten für die Behandlung übernehmen.

Aktuelle Forschung

Noch in der Entwicklung ist ein Wirkstoff, der bei bestimmten Erbkrankheiten den verursachenden Gendefekt überbrücken soll, sodass die genetische Information korrekt ausgelesen und umgesetzt werden kann. Dies ist aber nur bei Krankheiten möglich, die auf einer Nonsensemutation beruhen. Klinische Versuche laufen derzeit für Morbus Duchenne (Muskelschwund) und Mukoviszidose, theoretisch wäre diese Behandlung aber auch bei HSP-Formen möglich, die auf eine Nonsensmutation zurückzuführen sind. Bei dem Wirkstoff handelt es sich um PTC-124 oder Ataluren der Firma PTC Therapeutics, Bern.

Psychologische Unterstützung

Die Diagnose einer chronischen – und noch dazu seltenen – Erkrankung wie der HSP ist für viele Menschen mit psychischen Belastungen verbunden. Gerade auch deswegen, weil eine Heilung bis heute nicht möglich ist.

Die einzelnen Familienmitglieder gehen unterschiedlich mit der Erkrankung um. So messen sie z. B. der Krankheit und ihren eventuellen Folgen unterschiedliche Bedeutungen zu. Daher können verschiedene Erwartungen, Ansprüche und Gefühle zu Konflikten und Auseinandersetzungen führen. Weiterhin sorgen unterschiedliche Empfindungen und Befürchtungen, die durch die Krankheit hervorgerufen werden, oftmals für schwere Krisen und seelische Belastungen bei den Betroffenen wie auch ihren Angehörigen.

Vor diesem Hintergrund könnte eine psychologische Unterstützung als selbstverständlicher Baustein einer medizinischen Betreuung chronisch Kranker deren Lebensqualität verbessern und zudem zu einer deutlichen Senkung der Behandlungskosten beitragen.